Sorge um Arbeitslosenberatungszentren

Das Diakonische Werk Baden befürchtet das Aus der Arbeitslosenberatungszentren in Baden-Württemberg. Aktuell liefen die Haushaltsberatungen für 2023/2024. Vor dem Hintergrund der aktuellen Sparvorgaben bestehe die Sorge, dass die für den Betrieb der Zentren nötigen Mittel nicht wieder im Haushalt eingestellt würden.
Der Vorstandsvorsitzende der Diakonie Baden, Urs Keller, betont deshalb die Bedeutung der Beratungszentren. Sie richteten sich erfolgreich an alle Betroffenen, die bislang an den üblichen Behördenwegen gescheitert seien. Keller betonte, die Landesregierung selber fördere dieses Instrument seit 2013 mit dem Ziel, Langzeitarbeitslose auf dem Weg zurück in den Arbeitsmarkt zu unterstützen. Im Unterschied zu den Jobcentern sei der Kontakt zu den Menschen hier viel enger und vertrauensvoller. Allein in den vergangenen vier Jahren hätten die Arbeitslosenberatungszentren in Baden-Württemberg in mehr als 30.000 Beratungen Menschen direkt geholfen. In vielen Fällen bis hin zur direkten Vermittlung in eine Arbeitsstelle.
Ein Beispiel: Birgit F., 37 Jahre, war viele Jahre arbeitslos. Durch die Betreuung ihres Sohnes und einige Schicksalsschläge, hatte sie es bislang nicht zurück ins Arbeitsleben geschafft. Jetzt stand die alleinerziehende Mutter völlig verzweifelt vor einem ganzen Berg an Sorgen: Schulische Probleme des Sohnes, hohe Stromschulden und eine drohende Stromsperre, finanzielle und psychische Probleme, Anträge wurden aus Überforderung nicht rechtzeitig gestellt. Bislang hatte sie aus Scheu und Scham den Kontakt zu Behörden wie dem Jobcenter versucht zu vermeiden. Die Sozialarbeiterin im Arbeitslosenberatungszentrum nahm sich Zeit für Brigit F., suchte nach ihren Fähigkeiten und half ihr, Formulare und Prozesse zu verstehen. Durch ein gemeinsames Telefonat bei der zuständigen Sachbearbeiterin gelang es sogar, Ängste und Misstrauen gegenüber dem Jobcenter abzubauen. Gemeinsam konnte auch die Stromsperre in letzter Sekunde abgewendet werden. Birgit F. bekam psychologische Unterstützung und die einer Schuldnerberatungsstelle. Das Arbeitslosenberatungszentrum begleitete sie schließlich erfolgreich im Bewerbungsprozess. Heute arbeitet Birgit F. als Kassiererin in einem Supermarkt, ist psychisch stabil und steht auch finanziell wieder auf sicheren Beinen. „Ich bin dankbar für das Angebot des Arbeitslosenberatungszentrums“, sagt Birgit rückblickend. Ohne diese Hilfe hätte ich den Wiedereinstieg ins Arbeitsleben vermutlich nicht geschafft. Plötzlich habe ich wieder das Gefühl, Herausforderungen gut meistern zu können – auch aus eigener Kraft heraus“.
Geschichten wie die von Birgit F. sind typisch für die Arbeit der Beratungszentren, weiß Urs Keller. Im Unterschied zum Jobcenter zeichne sich deren Arbeit durch die vertrauensvolle Nähe zu den Betroffenen und die starke Vernetzung in weiterführende Hilfsangebote aus. Diese engmaschige Begleitung könne durch die Jobcenter alleine nicht gedeckt werden.
Wegen des Sparkurses der Landesregierung vor dem Hintergrund aktueller Krisen fürchtet der Diakonie-Chef nun um die Zukunft der Zentren. Mit geringem finanziellem Aufwand könnten hier Menschen für den Arbeitsmarkt wiedergewonnen werden. In Zeiten des Fachkräftemangels ein Einsatz, der sich mehr als lohne. Würden die Mittel nicht weiter zur Verfügung gestellt, brächen unwiederbringlich Strukturen weg, die über Jahre mühevoll aufgebaut worden seien. Die Zentren seien wichtiges Bindeglied zu den Jobcentern. Indem unnötige Widersprüche oder Klagen vermieden würden, werde zudem das gesamte Hilfesystem entlastet und gesellschaftliche Folgekosten vermieden.
Von den zwölf Arbeitslosenberatungszentren in Baden-Württemberg wird die Hälfte von Einrichtungen der badischen Diakonie betrieben.